(Zahn-)Ärzte als Freiberufler oder Gewerbetreibende – Abgrenzungsmerkmal „leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit“ immer wieder im Fokus der Rechtsprechung

(Zahn-)Ärzte als Freiberufler oder Gewerbetreibende – Abgrenzungsmerkmal „leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit“ immer wieder im Fokus der Rechtsprechung

20-04-2018

Ärzte werden im einkommensteuerrechtlichen Sinne grundsätzlich als Freiberufler im Sinne des §18 EStG angesehen. Der ärztliche Beruf stellt auch im Sinne des §1 Abs. 2 Betriebsärzteordnung kein Gewerbe, sondern eine freiberufliche Tätigkeit dar – jedoch kann dieser Annahme durch Kombinationen von Produkt- und Leistungsangeboten widersprochen werden – nämlich dann, wenn die Tätigkeitsfelder von der typischen ärztlichen und medizinischen Ausübung abweicht, die auch für die Besteuerung von Bedeutung sind. Ebenso kann die Annahme der Freiberuflichkeit eines Arztes durch die Beschäftigung von Fachärzten in der eigenen Praxis entgegenstehen. Die Klassifizierungen eines Arztes als Freiberufler oder Gewerbetreibender sind demnach an einige Merkmale geknüpft.

Ärzte werden im einkommensteuerrechtlichen Sinne grundsätzlich als Freiberufler im Sinne des §18 EStG angesehen. Der ärztliche Beruf stellt auch im Sinne des §1 Abs. 2 Betriebsärzteordnung kein Gewerbe, sondern eine freiberufliche Tätigkeit dar – jedoch kann dieser Annahme durch Kombinationen von Produkt- und Leistungsangeboten widersprochen werden – nämlich dann, wenn die Tätigkeitsfelder von der typischen ärztlichen und medizinischen Ausübung abweicht, die auch für die Besteuerung von Bedeutung sind. Ebenso kann die Annahme der Freiberuflichkeit eines Arztes durch die Beschäftigung von Fachärzten in der eigenen Praxis entgegenstehen. Die Klassifizierungen eines Arztes als Freiberufler oder Gewerbetreibender sind demnach an einige Merkmale geknüpft.

Wann ist ein Arzt als freiberuflich anzusehen?

Die Frage, wann ein Arzt freiberuflich tätig ist entscheidet sich nach den Kriterien der leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit, die im § 18 Abs.1 Nr. 1 S.3, 4 EStG genannt wird. Der Mediziner muss somit aufgrund von eigenen Fachkenntnissen leitend tätig werden. Entsprechend des für den Berufszweig üblichen Arbeitsgebietes muss der Mediziner diesen Tätigkeitsbereich eigenverantwortlich und fachspezifisch überwachend ausüben. Unter dem Begriff der leitenden Funktion werden in der Rechtsprechung vor allem die Kompetenzen im Bereich der führenden Organisation, Arbeitsplanung und Arbeitsverteilung, Aufsicht über Mitarbeiter und Einwirkungen auf deren Tätigkeit und das eigenmächtige Treffen von Entscheidungen verstanden. Es ist jedoch zu beachten, dass eine Beurteilung, inwieweit eine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit vorliegt, immer nach den Umständen des Einzelfalls individuell abzugrenzen ist. Aufgrund dieser Einzelfallbeurteilung sind im Laufe der Zeit mehrere Rechtsprechungen in diesem Zusammenhang ergangen, die den Begriff der leitenden Tätigkeit weiter definieren und abgrenzen.

Im Bereich der Zahnheilkunde gelten Zahnärzte vorrangig immer dann als Freiberufler, wenn sie aufgrund zahnärztlichen Wissens Feststellungen treffen und Behandlungen bei Beschwerden und Krankheiten des Zahn,- Mund- und Kieferraumes durchführen können.

Leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit bei Anstellung fachgleicher Ärzte

Zur Frage der leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit befasste sich der BFH mit Urteil vom 16.07.2014 (VIII R 41/12) mit der Frage, inwieweit Praxisinhaber einer Ärztegemeinschaft bei Anstellung von fachspezifisch gleichgerichtete Ärzte noch als Freiberufler gelten. Der Sachverhalt gestaltete sich bei diesem Gerichtsstreit besonders, da die Erstuntersuchungen der Patienten des Praxisinhabers (hier eine Ärztegemeinschaft) sowie die Bestimmung der weiteren Behandlungsabläufe und Anästhesiemethoden durch einen beteiligten Gesellschafter einer Anästhesie Gesellschaft (in Form einer GbR) geleistet wurde. Soweit eine Anästhesie im Rahmen der Behandlung notwendig war, wurde diese teils auch durch eine in der Ärztegemeinschaft angestellte Ärztin ausgeführt; die Voruntersuchungen und Bestimmung der Anästhesiemethode lag jedoch nicht im Aufgabenbereich dieser Ärztin. Entscheidend in diesem Sachverhalt war jedoch, dass die durch die angestellte Ärztin durchzuführende Anästhesie vorab von dem Arbeitgeber (hier: Ärztepartnern der Gemeinschaftspraxis) der Zustimmung bedurfte.

Der BFH entschied, dass die Anstellung der Ärztin zwar im fachgleichen Gebiet der Praxisinhaber erfolgte, die Arbeit gebenden Ärzte insoweit jedoch noch Einflussnahme auf die Tätigkeit der angestellten Fachärztin nehmen konnten. Demnach kann von einer eigenverantwortlichen und leitenden Praxisführung ausgegangen werden, wenn entsprechende vertragliche vereinbarte Behandlungsumfänge der angestellten Ärzte festgeschrieben sind (wie hier beispielweise nur Anästhesie nach Zustimmung durch Praxisinhaber). Der Praxisinhaber behält in diesem Fall insgesamt die Überwachungspflicht gegenüber der Behandlung des Patienten und setzt für die Behandlung an sich lediglich eine entsprechend ausgebildete Erfüllungsgehilfin ein.

Dagegen wird eine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit eines Praxisinhabers laut BFH verneint, wenn ein für die Praxis angestellter Arzt die Behandlung ohne Fachaufsicht durch den Praxisinhaber/Arbeitgeber insgesamt selbst ausführt und die Auswahl und Durchführung der Behandlungsmethode selbst verantwortet. (vgl. BFH 3.11.2015 VIII R 63/13) Letztlich hat der Praxisinhaber in diesen Fällen keine uneingeschränkte Mitbestimmung in die Behandlungsmethoden und ist demnach nicht gänzlich leitend tätig.

Übrigens: Bei vorübergehender Abwesenheit von Krankheit und Urlaub, in der sich der Praxisinhaber von fachgleichen Ärzten vertreten lässt, wird diesem jedoch nicht die leitende und eigenverantwortliche Funktion abgesprochen.

Leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit bei fachgebietsfremder Ärzteanstellung

In den letzten Jahren wurde die Berufsordnung der Ärzte modernisiert. So wird Ärzten nunmehr die Möglichkeit gegeben, auch Ärzte aus fremden Fachgebieten in der Praxis einzustellen. Hier gewinnt das Merkmal der eigenverantwortlichen und leitenden Tätigkeit noch mehr an Brisanz, da fraglich ist, inwieweit ein Praxisinhaber qualifiziert für einen für ihn fremden Fachbereich entscheiden und diesen leiten kann.

Aufgrund der Tatsache, dass ein Praxisinhaber Behandlungen eines angestellten, fachgebietsfremden Arztes ohne eigene Fachkenntnisse nicht qualifiziert, fachlich überwachen kann, wird dem Praxisinhaber hier die eigenverantwortliche und leitende Tätigkeit abgesprochen.

Zusätzliche Leistungen eines Arztes – Laborbetrieb eines Zahnarztes

Im Bereich der zahnmedizinischen Tätigkeit ist bereits mit BFH-Urteil vom 13.08.1953 entschieden worden, dass ein Zahnarzt bei Herstellung von Prothesen und kieferorthopädischen Vorrichtungen und Hilfsmitteln für seine Patienten in einem eigenen Labor ebenfalls eine freiberufliche Tätigkeit ausübt. Achtung ist jedoch geboten, soweit ein Zahnarzt im eigenen Labor auch für fremde Zahnärzte Laborleistungen übernimmt – denn in diesem Fall werden die gesamten Laborleistungen als Gewerbebetrieb klassifiziert.

Keine Bedenken bestehen dagegen bei der Ausübung von Tätigkeiten eines staatlich anerkannten Dentisten. Die Behandlungen sind mit dem zahnmedizinischen Bereich und der Zahnheilkunde so eng verbunden, dass diese der Tätigkeit des Zahnarztes gleichgestellt werden und als freiberuflich anzusehen sind.

Wichtiges weiteres Abgrenzungsmerkmal – vor allem bei Zahn- und Augenärzten: Der Verkauf von Heilmitteln

Heutzutage kaum wegzudenken aus den Praxen eines Zahnarztes oder Augenarztes sind neben der ärztlichen Beratungs- und Behandlungsleistung der Verkauf von Pflegehilfsmitteln, Heilmitteln und Medikamenten wie Kontaktlinsen, Zahnpflegeartikel, Sportmundschutz etc. Hierbei ist steuerlich eine Differenzierung zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit vorzunehmen, denn der freiberuflich tätige Facharzt kann neben seiner ärztlich und medizinisch notwendigen Leistung durch den Verkauf von beispielsweise Pflegehilfsmitteln auch gewerbliche Leistungen erbringen, die nicht als ärztliche Leistung im direkten Sinne anzusehen ist.

Eine medizinische Leistung setzt voraus, dass diese ausschließlich zum Zweck der Diagnose, Behandlung oder zum Vorbeugen von Krankheiten dient. Dagegen stellt der Verkauf von Heilmitteln und Hilfsmitteln, die nicht unmittelbar zur medizinischen Behandlung dienen, keine originär ärztliche Leistung dar.

Zu beachten ist aber dennoch, dass soweit die ärztliche Behandlung und der Verkauf von Heilmitteln in engem Zusammenhang miteinander stehen – also die medizinische Leistung ohne Hilfsmittel nicht möglich wäre – weiterhin insgesamt als ärztliche Tätigkeit anzusehen ist. Dies ist beispielsweise bei Impfung durch den Arzt mit gleichzeitiger zur Verfügung stellen des Impfstoffes der Fall. Dagegen stellt jedoch der Verkauf von Pflegeprodukten, Sportmundschutz oder auch Kontaktlinsen keine rein ärztliche Leistung dar! Wichtig für zahnärztliche Praxen: Der Verkauf von Mundhygieneartikeln stellt grundsätzlich eine gewerbliche Tätigkeit lt. BMF vom 14.05.1997 dar.

Bei einer Einzelpraxis muss eine Trennung der Leistungen – zum einen die ärztliche Leistung, zum anderen der Verkauf von Hilfsmitteln etc. –  entsprechend der freiberuflichen und gewerblichen Einkunftsart erfolgen. Dagegen gilt bei den verschiedenen Leistungserbringungen im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis in einigen Fällen die sogenannte Abfärbetherorie nach §15 Abs.3 S. 1 EStG. Dies bedeutet, dass sowohl die ärztliche Behandlung als auch die sonstigen (gewerblich einzustufenden) Leistungen wie der Verkauf von Hilfsmitteln insgesamt als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu klassifizieren sind.

Aber: Die Abfärbetheorie ist nur insoweit anzuwenden als der gewerbliche Teil insgesamt nicht der Gesamttätigkeit vollständig unterzuordnen und von geringer Bedeutung ist. Der BFH hat für diese „Mischfälle“ bereits mit Urteil vom 27.08.2014 entschieden, dass bei Gemeinschaftspraxen die Abfärbetheorie nicht anzuwenden ist, soweit der Nettoumsatz des gewerblich einzustufenden Bereiches weniger als 3 % oder weniger als 24.500 Euro des Gesamtumsatzes ausmacht.

Kurzes Intermezzo zur Umsatzsteuer

Grundsätzlich gelten ärztliche Leistungen nach § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei, sofern diese Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin umfassen. Heilbehandlungen im Sinne des Umsatzsteuergesetztes liegen dann vor, wenn die Leistungen des Arztes der medizinischen Betreuung von Patineten durch die Diagnose und Behandlung von Krankheiten dienen. Für ästhetische-plastische Chirurgie kommt die Umsatzsteuerbefreiung nicht in Betracht- hierunter fällt beispielweise das Bleichen von Zähnen, Lifting, Nasenkorrekturen oder der Verkauf von Sportmundschutz. Nur im seltenen Einzelfall kann auch eine Umsatzsteuerfreiheit solcher Leistungen möglich sein – sollte die Behandlung durch entsprechende Nachweise zur Heilung von nachgewiesenen psychischen Beeinträchtigungen oder Unfallfolgen dienen.

Für Zahnärzte wissenswert ist außerdem, dass bei der Herstellung von Zahnprothesen wie Teil- und Vollkronen durch ein sogenanntes CEREC-Gerätes laut BFH Urteil vom 28.11.1996 eine umsatzsteuerpflichtige Leistung erfolgt und diese nicht als heilmedizinische Tätigkeit steuerfrei anzusehen ist.

Weiterführende Themen zum Bereich der Umsatzsteuer – wie zum Beispiel die Aufteilung und der Abzug von Vorsteuerbeträgen im Zusammenhang mit steuerpflichtigen und steuerfreien Leistungen – können Steuerberater und deren Mitarbeiter dem Seminar Vorsteuerabzug A-Z entnehmen.

Zahnärzten, die betriebswirtschaftliche und steuerliche Aspekte Ihrer Praxisführung vertiefen möchten, empfehlen wir die aufeinander aufbauenden Seminare:

1. Seminar zu betriebswirtschaftlichen Begriffen, Kennzahlen und Erfolgsfaktoren

Betriebswirtschaft & Steuertipps (1)

2. Seminar zu Planung, Kalkulation und Controlling in der Zahnarztpraxis – mit steuerlichen Fragen

Betriebswirtschaft & Steuertipps (2)

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